Katrin Göring-Eckardt

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Katrin Dagmar Göring-Eckardt (geb. Katrin Dagmar Eckardt; 3. Mai 1966) ist eine deutsche Politikerin der deutschen Grünen (offiziell Bündnis 90/Die Grünen). Sie begann ihre politische Tätigkeit in der ehemaligen DDR in den späten 1980er Jahren und ist seit 1998 Mitglied des Deutschen Bundestages. Am 18. Oktober 2005 wurde sie stellvertretende Fraktionsvorsitzende ihrer Partei im Bundestag (2002-2005) und Vizepräsidentin des Bundestages, ein Amt, das sie bis 2013 innehatte und 2021 erneut ausüben wird. Bei den Vorwahlen im November 2012 wählten die Grünen sie und Jürgen Trittin zu den beiden Spitzenkandidaten der Grünen für die Bundestagswahl 2013. Auch bei der Bundestagswahl 2017 trat sie als gemeinsame Spitzenkandidatin der Grünen neben Cem Özdemir an.

Zwischen 2009 und 2013 war Göring-Eckardt Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und damit Mitglied des Rates der EKD. Während des Bundestagswahlkampfes 2013 trat sie jedoch von ihrem Amt in der EKD zurück.

Frühes Leben und Ausbildung

Katrin Eckhardt wurde am 3. Mai 1966 in der Kleinstadt Friedrichroda in der Nähe von Gotha in Thüringen geboren. Ihre Eltern waren beide Tänzer. Sie war ein aktives Mitglied der Freien Deutschen Jugend (FDJ). Nach dem Abitur an der Erweiterten Oberschule (EOS) Gotha im Jahr 1984 begann sie ein Studium der evangelischen Theologie an der Universität Leipzig, das sie bis 1988 ohne akademischen Abschluss absolvierte.

Politische Karriere

Parteikarriere

Bis zur Friedlichen Revolution und der Wende in der DDR arbeitete Göring-Eckardt im Arbeitskreis Solidarische Kirche (AKSK) und ohne Parteimitgliedschaft. 1989 wurde sie Gründungsmitglied der ostdeutschen politischen Gruppe Demokratischer Aufbruch und 1990 der Bürgerbewegung Demokratie Jetzt. Von 1990 bis 1993 gehörte sie dem Thüringer Landesvorstand von Bündnis 90 an. Als Mitglied der Thüringer Landesvorstände von Demokratie Jetzt und Bündnis 90 nahm sie an den Verhandlungen über die Fusion von Bündnis 90 und den Grünen teil, die 1990 mit der Grünen Partei in der DDR zu einer gesamtdeutschen Partei fusionierten, die heute existiert: Bündnis 90/Die Grünen.

Nach der Fusion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Jahr 1993 arbeitete Göring-Eckardt im Thüringer Landtag in der gleichen Fraktion als Sprecherin für Frauen, Familie und Jugend. Von 1998 bis 2006 war sie zudem Mitglied des Parteirats von Bündnis 90/Die Grünen. Von 1995 bis 1998 war sie zudem Mitarbeiterin des Grünen-Politikers Matthias Berninger; etwa zur gleichen Zeit, von 1996 bis 1998, war sie auch Beisitzerin im Bundesvorstand der Grünen. Bis 1998 gehörte sie dem Landesvorstand der Thüringer Grünen an; mit Unterbrechungen war sie auch Landessprecherin. Im Jahr 2006 war sie erneut Beisitzerin im Landesvorstand der Thüringer Grünen.

Vor der Wahl der beiden grünen Spitzenkandidaten im November 2012 für die Bundestagswahl 2013 sprach sich Göring-Eckardt zunächst gegen eine Doppelspitze bei den Bundestagskandidaten aus, sondern favorisierte ein breit aufgestelltes Spitzenteam. Ein starker Unterstützer ihrer Kandidatur war u.a. Boris Palmer (Oberbürgermeister von Tübingen), die Partei war auch innerparteilich "realistisch". Während ihrer Kandidatur kündigte sie an, sich vor allem auf die Diskussion darüber einzulassen, wie die weitere Desintegration der Gesellschaft gelöst werden kann. Sie wollte zu den Menschen gehen und vor allem die dortigen Bevölkerungsgruppen ansprechen, denn sie sagte, dass die anderen Werte entscheidend seien als die rein wirtschaftlichen. Ausschlaggebend für diese Wahl war beispielsweise der Wahlerfolg von Winfried Kretschmann als Ministerpräsident von Baden-Württemberg im Jahr 2011. Im Vergleich zu den Konkurrentinnen Claudia Roth und Renate Künast, die als Insiderinnen galten, hielten die Wählerinnen und Wähler die konservative Göring-Eckardt für eine bessere Wahl als eine Außenseiterin. In verschiedenen Medien wurde ihr Auftritt im Vergleich zum erstplatzierten Vorwahlsieger Jürgen Trittin, der von der nun deutlich bürgerlicheren Parteibasis gewählt wurde, eher als Korrektur der Stärke denn als Linksruck bezeichnet. Ungeachtet der ihr nachgesagten Affinität zu schwarz-grünen Bündnissen sprach sich Göring-Eckardt nach der Urwahl für eine rot-grüne Koalition aus. Linke Parteimitglieder bewerteten das gute Abschneiden eher kritisch; gegenüber der Wochenzeitung Die Zeit bezeichneten sie sie als "angebliche Sozialpolitikerin".

Mitglied des Bundestages, seit 1998

Seit 1998 ist Göring-Eckardt Mitglied des Bundestages; sie zog als Listenabgeordnete für Thüringen in das Gremium ein, da das Wahlsystem ein gemischtes Verhältniswahlrecht ist, bei dem die Hälfte der Sitze nach Wahlkreisen und die andere Hälfte nach Landeslisten vergeben werden. Von 1998 bis 2002 war sie Erste Parlamentarische Geschäftsführerin, insbesondere von Februar bis Oktober 2002, sowie gesundheits- und rentenpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion. Von Oktober 2002 bis September 2005 war sie gemeinsam mit Krista Sager Fraktionsvorsitzende der Grünen Partei. Bei der Bundestagswahl 2005 war sie die Kandidatin der Grünen für den Thüringer Wahlkreis Erfurt - Weimar - Weimarer Land II; sie verlor jedoch die Wahl für diesen Wahlkreis, blieb aber dennoch im Bundestag, weil sie auf der Landesliste Thüringen wiedergewählt wurde.

Am 18. Oktober 2005 wurde Göring-Eckardt mit 479 Ja-Stimmen, 69 Nein-Stimmen und 39 Enthaltungen zur Bundestagsvizepräsidentin der Grünen Fraktion gewählt. Seit Herbst 2005 ist sie auch kulturpolitische Sprecherin ihrer Fraktion. 2009 bemühte sie sich erneut um ein Wahlkreismandat in ihrem Bundesland, diesmal in Gotha - Ilm-Kreis; sie konnte zwar kein Wahlkreismandat erringen, wurde aber erneut über die Landesliste wiedergewählt. Am 27. Oktober 2009 wurde sie am ersten Sitzungstag des neuen Bundestages mit 473 Ja-Stimmen, 9 Nein-Stimmen, 5 Enthaltungen und 61 ungültigen Stimmen erneut zur Vizepräsidentin des Bundestages gewählt. Bei der Urwahl der Spitzenkandidaten der Grünen für die Bundestagswahl 2013 am 11. November 2012 belegte sie mit 47,3 % den zweiten Platz vor Claudia Roth und Renate Künast und wurde damit zusammen mit Jürgen Trittin, der die meisten Stimmen erhielt, Spitzenkandidatin der Fraktion für die Wahl im folgenden Jahr.

Seit Oktober 2013 ist sie gemeinsam mit Anton Hofreiter Fraktionsvorsitzende der Grünen.

In den Verhandlungen zur Bildung einer sogenannten Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP nach der Bundestagswahl 2021 leitet Göring-Eckardt die Delegation ihrer Partei in der Arbeitsgruppe Kinder, Jugend und Familie; ihre Ko-Vorsitzenden der anderen Parteien sind Serpil Midyatli und Stephan Thomae.

Andere Aktivitäten

Religiöse Aktivitäten

Göring-Eckardt ist in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) aktiv und hat dort eine Reihe von Ämtern inne. Von 2007 bis 2015 war sie gewähltes Vorstandsmitglied des Deutschen Evangelischen Kirchentages. Außerdem war sie Mitglied des Kuratoriums der Internationalen Martin-Luther-Stiftung.

Sie war Mitglied der 11. Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland und wurde 2009 als Nachfolgerin des ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten Günther Beckstein an deren Spitze gewählt.

Im Jahr 2009 wurde er Präsident des 33. Deutschen Evangelischen Kirchentages, der 2011 in Dresden stattfand.

Als die Grünen sie im November 2012 zu ihrer gemeinsamen Spitzenkandidatin (mit Jürgen Trittin) für die Bundestagswahl 2013 wählten, entschied sich Göring-Eckhard, für die Dauer des Wahlkampfes auf ihre Aufgaben in der EKD zu verzichten.

Andere Aktivitäten der Gemeinschaft

Göring-Eckardt ist Mitglied des Kuratoriums der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste e. V. Außerdem war sie 2009/2010 Vorstandsmitglied des gemeinnützigen Vereins Atlantik-Brücke e. V. und ist seit Mai 2010 offizielle Patin" des Kinderhospizes Bethel für sterbende Kinder.

Außerdem bekleidet sie die folgenden Ämter in der Gemeinschaft:

Deutscher Evangelischer Kirchentag (Präsidium)

Bundesstiftung Mutter und Kind, Mitglied des Kuratoriums - bis 22. Februar 2010

Atlantik-Brücke e. V. (Mitglied)

Internationale Martin-Luther-Stiftung, Mitglied des Kuratoriums

Kinderhospiz Bethel (Patin)

Evangelische Akademie in Berlin, Mitglied des Beirats

Evangelische Stiftung Wittenberg, Mitglied des Kuratoriums

Hermann-Kunst-Stiftung zur Förderung der neutestamentlichen Textforschung, Mitglied des Kuratoriums

Bildungsstiftung der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM), Mitglied des Vorstandes

Haus der Geschichte, Mitglied des Kuratoriums

Progressives Zentrum, Mitglied des Freundeskreises

Zeitzeichen. Evangelische Kommentare zu Religion und Gesellschaft. Zeitschrift, ehrenamtlicher Mitherausgeber

Politische Positionen

Werte

In der Partei, in den Medien und in der Öffentlichkeit wird Göring-Eckardt als Mitglied des so genannten "Realo"-Flügels (englisch: Realist) der Grünen gesehen, der für Realpolitik steht. Darüber hinaus gilt sie als Anhängerin konservativer Werte mit grünem Lebensstil. In der Vergangenheit hat sie ihre Gewissensentscheidungen auf ihre religiösen Ansichten gestützt. Aufgrund ihrer starken Verankerung in der bürgerlichen Mitte und ihrer guten Kontakte zur Mitte-Rechts-Christdemokratischen Union (CDU) wurde sie als geeignete Kandidatin für Diskussionen über die Bildung von CDU-Grünen oder schwarz-grünen Koalitionen genannt (Schwarz ist die Farbe der CDU und Grün die Farbe der Grünen). Ihr Ruf als CDU-nahe Politikerin ist durch ihre Teilnahme an der so genannten Pizza-Connection in den 1990er Jahren begründet; die Pizza-Connection war ein informeller Gesprächskreis zwischen jüngeren Grünen- und CDU-Politikern, dessen Name von einem italienischen Restaurant in Bonn stammt.

Sie war eine Befürworterin von Schröders Agenda-2010-Reformen.

Nach dem Ende der rot-grünen Regierungskoalition (die Sozialdemokratische Partei unter Gerhard Schröder und die Grünen bildeten von 1998 bis 2005 eine Koalition) profilierte Göring-Eckardt bei verschiedenen Gelegenheiten, dass ihr die von ihr als konservativ bezeichneten Werte der Nachhaltigkeit, des sozialen Ausgleichs und der sozialen Gerechtigkeit ein besonderes Anliegen sind.

Die Menschenrechte

Im Rahmen des Patenschaftsprogramms von Libereco - Partnership for Human Rights für politische Gefangene hat Göring-Eckardt zwischen 2011 und 2014 auf die Inhaftierung des weißrussischen politischen Aktivisten Ales Bialiatski aufmerksam gemacht.

Im August 2012 war Göring-Eckardt eine von 124 Bundestagsabgeordneten, die einen Brief an den russischen Botschafter in Deutschland, Wladimir Grinin, unterzeichneten, in dem sie ihre Besorgnis über den Prozess gegen die drei Mitglieder von Pussy Riot zum Ausdruck brachten. "Die monatelange Inhaftierung und die Androhung einer langen Strafe sind drakonisch und unverhältnismäßig", so die Abgeordneten in dem Brief. "In einem säkularen und pluralistischen Staat dürfen friedliche künstlerische Handlungen - auch wenn sie als Provokation empfunden werden können - nicht dazu führen, dass man ihnen schwere Straftaten vorwirft, die zu langen Haftstrafen führen".

Im Dezember 2014 besuchten Göring-Eckardt und ihre grüne Kollegin Luise Amtsberg das Flüchtlingslager Zaatari in Jordanien, um mehr über die Notlage der Syrer zu erfahren, die vor der Gewalt des 2011 ausgebrochenen syrischen Bürgerkriegs fliehen.

Im August 2018 forderte Göring-Eckardt Bundeskanzlerin Angela Merkel auf, sich beim russischen Präsidenten Wladimir Putin für die Freilassung des ukrainischen Filmemachers Oleg Sentsov einzusetzen.

Europäische Integration

Nach dem britischen Referendum über die Mitgliedschaft in der Europäischen Union im Jahr 2016 hat Göring-Eckart im Namen der schätzungsweise 100.000 Briten, die in Deutschland leben und arbeiten, einen Antrag an die deutsche Regierung gestellt, die Staatsbürgerschaft im Schnellverfahren anzubieten.

Kontroverse

Anfang 2022 verurteilte ein rheinland-pfälzisches Gericht einen Mann wegen übler Nachrede und Beleidigung Göring-Eckardts zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten auf Bewährung.

Persönliches Leben

Göring-Eckardt heiratete 1988 den evangelischen Pfarrer Michael Göring und bekam zwei Söhne. Das Paar trennte sich 2011 und ließ sich 2017 scheiden. Sie ist mit Thies Gundlach, einem Theologen und EKD-Funktionär, liiert.

Literatur

Michael F. Feldkamp (Hrsg.), Der Bundestagspräsident. Amt - Funktion - Person. 16. Wahlperiode, Olzog, München 2007, ISBN 978-3-7892-8201-0.