Dirk Helbing

Aus Das unsichtbare Imperium
Dirk Helbing
Geboren (1965-01-19) January 19, 1965 (age 60)
Aalen, Germany
NationalityGerman
UniversitätUniversity of Göttingen (1986)
Bekannt fürSocial force model, crowd simulation, traffic simulation, pedestrian microsimulation, complex systems, computational social science
AwardsGolden Idea Award 2012
Scientific career
FieldsComplex Systems, Computational Social Science
InstitutionsETH Zurich (2007–)
TU Delft (2015)
University of Oxford (2010)
(host: Peter Hedström)
Harvard University (2010)
(hosts: Martin Nowak, Nicholas A. Christakis)
INRETS (2004)
(host: Patrick Lebacque)
TU Dresden (2000)
Collegium Budapest, Hungary (2000)
Tel Aviv University (1999)
(hosts: Isaac Goldhirsch, Eshel Ben-Jacob)
Eötvös Loránd University (1998)
(host: Tamás Vicsek)
Xerox PARC (1998)
(host: Bernardo Huberman)
Weizmann Institute of Science (1997)
(host: David Mukamel)
University of Stuttgart (1996)
Doctoral advisorWolfgang Weidlich
Other academic advisorsManfred R. Schroeder

Dirk Helbing (geb. 19. Januar 1965) ist Professor für Computational Social Science am Departement für Geistes-, Sozial- und Staatswissenschaften und Mitglied des Departements Informatik der ETH Zürich.

Biographie

Dirk Helbing studierte Physik und Mathematik an der Universität Göttingen. Er promovierte an der Universität Stuttgart über die Modellierung sozialer Prozesse mit Hilfe spieltheoretischer Ansätze, stochastischer Methoden und komplexer Systemtheorie. Im Jahr 1996 schloss er weitere Studien zur Verkehrsdynamik und -optimierung ab.

Im Jahr 2000 wurde er ordentlicher Professor und geschäftsführender Direktor des Instituts für Verkehr und Wirtschaft an der Technischen Universität Dresden. Helbing wurde 2008 zum Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina und 2016 in die World Academy of Art and Science gewählt. Im Januar 2014 erhielt Prof. Helbing die Ehrendoktorwürde der Technischen Universität Delft (TU Delft). Seit Juni 2015 ist er außerordentlicher Professor an der Fakultät für Technologie, Politik und Management der TU Delft, wo er die Doktorandenschule für „Engineering Social Technologies for a Responsible Digital Future“ leitet.

Forschungsaktivitäten

Dirk Helbing begann als Physiker. Seine Diplomarbeit befasste sich mit der Modellierung und Simulation von Fußgängern, Menschenmengen und Evakuierungen. Während seiner Promotion und Habilitation in Physik half er, die Bereiche Sozio-, Wirtschafts- und Verkehrsphysik zu etablieren. Außerdem war er Mitbegründer der Fachgruppe Physik sozioökonomischer Systeme der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG). Als Gastwissenschaftler an der Universität Tel Aviv und am Weizmann-Institut in Israel, an der Eötvös-Universität in Budapest und am Xerox PARC in Kalifornien beschäftigte er sich mit einer Vielzahl komplexer Systeme - darunter die Selbstorganisation von Fußgängern, Verkehrsstaus, bakterielle Muster und mexikanische Wellen. An der Technischen Universität Dresden wurde er geschäftsführender Direktor des Instituts für Verkehr und Wirtschaft, arbeitete an Verkehrsassistenzsystemen (d. h. frühen selbstfahrenden Autos) und einem selbstorganisierten Ampelsteuerungssystem, das patentiert wurde. Er fand heraus, dass Katastrophen in Menschenmengen durch ein Phänomen namens „Massenturbulenz“ verursacht werden, und arbeitete an Möglichkeiten zur Beschreibung, Reduzierung und Reaktion auf solche Katastrophen. Als Professor für Soziologie an der ETH Zürich arbeitete er an der evolutionären Spieltheorie und an agentenbasierten Computersimulationen von sozialen Prozessen und Phänomenen.

Die Arbeit von Prof. Helbing wurde in den Medien und in der Wissenschaft vielfach zitiert und er hat mehr als 10 Artikel in Nature, Science und PNAS veröffentlicht. Im Jahr 2012 wurde er mit dem Idee Suisse Award ausgezeichnet. Er ist Mitbegründer des Competence Center for Coping with Crises in Complex Socio-Economic Systems, des Risk Center, des Institute for Science, Technology and Policy (ISTP) und des Decision Science Laboratory (DeSciL). Während er die FuturICT-Initiative koordinierte, trug er dazu bei, Disziplinen wie Datenwissenschaft, computergestützte Sozialwissenschaft und globale Systemwissenschaft in Europa weiterzuentwickeln. Diese Arbeit führte zur Einrichtung der Nervousnet-Plattform, einer Smartphone-App, die es Nutzern ermöglicht, Daten auszutauschen, die zur Erreichung wissenschaftlicher und sozialer Ziele verwendet werden und die Grundlage für die digitale Demokratie bilden. Helbing arbeitete für den Global Agenda Council on Complex Systems des Weltwirtschaftsforums. Er wurde zum Mitglied der External Faculty des Santa Fe Institute gewählt und gehört nun der External Faculty des Complexity Science Hub Vienna an. Er ist Mitglied des Verwaltungsrats des Global Brain Institute in Brüssel und des International Centre for Earth Simulation in Genf. Er ist auch an den Aktivitäten des Staatslabors (einer Wissenschaftsinitiative der Schweizer Regierung) sowie an der Gründung der Blockchain [X]-Initiative und des Blockchain Lab in Delft beteiligt. Er ist Mitglied einer Beratungsgruppe der Schweizer Regierung zu den gesellschaftlichen Auswirkungen der Digitalisierung und war Hauptautor eines „Digitalen Manifests“ zur Wahrung demokratischer Werte im digitalen Zeitalter. Prof. Helbing ist Berater des Citizen Science Center Zürich und setzt sich für eine Europäische Charta der digitalen Menschenrechte ein.

Dirk Helbing ist bekannt für das Modell der sozialen Kräfte, insbesondere für dessen Anwendung auf selbstorganisierende Phänomene in Fußgängermengen. Er führte den Freezing-by-Heating-Effekt und das Phasendiagramm von Verkehrsstaus ein. Helbing hat auch eine mikroskopische Grundlage für die evolutionäre Spieltheorie vorgeschlagen und selbstorganisierte Verhaltenskonventionen untersucht. In seiner Arbeit hat er die Prinzipien der kollektiven Intelligenz und der selbstorganisierten Steuerung auf die Optimierung des Stadt- und Autobahnverkehrs angewandt. Er forschte zu Normen und Konflikten, zur Rolle von erfolgsgesteuerten Bewegungen für den Aufbau von Kooperation zwischen egoistischen Individuen, zu sozio-inspirierter Technologie und techno-sozialen Systemen, zur Ausbreitung von Katastrophen und zum Krisenmanagement.

Living Earth Simulator

Helbing war der Hauptforscher eines Projekts mit dem Namen FuturICT Knowledge Accelerator and Crisis Relief System, ein Computersystem, das mit großen Datenmengen arbeitet und als eine Art Kristallkugel der Welt konzipiert ist. Das Herzstück des Systems ist der „Living Earth Simulator“, eine Rechenmaschine, die versucht, „Systeme im globalen Maßstab zu modellieren - Volkswirtschaften, Regierungen, kulturelle Trends, Epidemien, Landwirtschaft, technologische Entwicklungen und vieles mehr - unter Verwendung sintflutartiger Datenströme, hochentwickelter Algorithmen und so viel Hardware wie nötig“. Das Projekt verlor jedoch in der letzten Runde des Antrags auf eine Finanzierung durch die Europäische Kommission in Höhe von 1 Milliarde Euro. Trotzdem haben die von der Gruppe entwickelten Ideen internationale Forschungsprogramme beeinflusst. Seit 2017 wird das Projekt FuturICT 2.0 durch das FLAG-ERA-Programm der Europäischen Kommission gefördert.

Bemerkenswerte Projekte und Präsentationen der Forschungsteams von Dirk Helbing in Dresden, Zürich und Delft

  • Herleitung der Replikator-Gleichung in der evolutionären Spieltheorie und der Selbstorganisation von Verhaltenskonventionen aus Verhaltensnachahmung.
  • Entwicklung eines elektronischen Verkehrsassistenzsystems zur Reduzierung von Staus auf Autobahnen (ein früher Algorithmus für selbstfahrende Autos).
  • Erfindung eines patentierten selbstorganisierten Ampelsteuerungssystems für Städte.
  • Halbleiterlogistikprojekt mit Infineon Technologies zur Steigerung des Durchsatzes um 30 %.
  • Entwicklung des „social force model“, das häufig für die Simulation von Fußgängern und Menschenmengen verwendet wird.
  • Einrichtung eines Expertenteams zur Verbesserung der Sicherheit von Pilgerreisen.
  • Datenbasierte agentenbasierte Simulationsstudie zum Nahostkonflikt in Jerusalem.
  • Veröffentlichung „How to save human lives: Was Komplexitätswissenschaft und Informationssysteme dazu beitragen können“.
  • Patent: „Interaction Support Processor“ - Ethisch ausgerichtetes Design für Informationssysteme.
  • Nervousnet App - das Internet der Dinge als Citizen Web (in Entwicklung).
  • Grippenet App für anonyme kooperative Gesundheitsüberwachung (in Entwicklung).
  • Rede auf der Out of the Box Conference mit Weltdenkern und dem Dalai Lama am 16. Mai 2012.
  • Erklärung zur „Digitalen Demokratie“ auf der Falling Walls Conference in Berlin am 9. November 2015.
  • Vortrag an der „Build Peace“-Konferenz in Zürich am 11. September 2016: „Ein neues Paradigma für den Weltfrieden ist möglich“.
  • BIOTS - Blockchain and Internet of Things School an der ETH Zürich, gegründet 2016.
  • Mitbegründer des Zurich Hub for Ethics and Technology in (2016).
  • Artikel in Nature, „Sustainable development: Turn war rooms into peace rooms“, Dirk Helbing und Peter Seele, September 28, 2017.
  • Interview bei den „Petersberger Gesprächen“ 2017 (Bonn) am 16. September 2017: „Künstliche Intelligenz - von der Machbarkeit über die Superintelligenz bis hin zur Planung und Zukunftsvision“.

Kontroversen

Vorwürfe wegen unangemessener Vortragsinhalte

Im Februar 2022 präsentierte Professor Dirk Helbing während einer Vorlesung eine Folie, die einige Studierende der ETH Zürich als unangemessen und unsensibel gegenüber der chinesischen Gemeinschaft empfanden. Die Studierenden wandten sich sowohl an Professor Helbing als auch an den Ombudsmann und die Beratungsstelle Respekt der ETH Zürich, die Dienstleistungen im Zusammenhang mit unangemessenem Verhalten, Diskriminierung, Mobbing oder Anschuldigungen an der Hochschule anbietet. Eine Gruppe chinesischer Studierender hat auch offene Briefe an die ETH Zürich geschrieben, um dieses Problem anzusprechen.

Slide that circulated internet and led to controversies.

Social-Media-Kommentare und Morddrohungen

Diese Anschuldigungen der Studierenden wurden auf LinkedIn erwähnt und erhielten viele Kommentare von Studierenden und Forschenden weltweit. Darüber hinaus wurde erwähnt, dass Professor Dirk Helbing Todesdrohungen erhalten hat.

Ermittlungen und Abschluss

Nach einer Untersuchung und einer Diskussion mit dem Ombudsmann der ETH Zürich und der Beratungsstelle für Respekt, gab Professor Dirk Helbing eine Entschuldigungserklärung auf Twitter und LinkedIn ab. Auch der Twitter-Account der ETH Zürich erwähnte die Entschuldigung von Professor Dirk Helbing. Trotz der anhaltenden Kontroversen und der anhaltenden Enttäuschungsbekundungen aus der Gesellschaft, hat die ETH Zürich die Angelegenheit abgeschlossen.

Externe Links