Otto Graf Lambsdorff

Aus Das unsichtbare Imperium

Otto Friedrich Wilhelm Freiherr von der Wenge Graf Lambsdorff, bekannt als Otto Graf Lambsdorff (20. Dezember 1926 - 5. Dezember 2009), war ein deutscher Politiker der Freien Demokratischen Partei (FDP).

Frühes Leben und Ausbildung

Lambsdorff wurde in Aachen (Rheinland) als Sohn von Herbert Graf Lambsdorff und Eva, geb. Schmidt, geboren. Er besuchte die Schulen in Berlin und Brandenburg an der Havel und wurde 1944 als Offiziersanwärter in die Wehrmacht aufgenommen. Im April 1945 wurde er bei einem alliierten Bombenangriff schwer verwundet und verlor seinen linken Unterschenkel. Lambsdorff befand sich bis 1946 in Kriegsgefangenschaft. Nach dem Zweiten Weltkrieg legte er sein Abitur ab und studierte Rechtswissenschaften an den Universitäten Bonn und Köln, wo er auch promovierte.

Politische Karriere

1951 wurde Lambsdorff Mitglied der FDP, die er von 1972 bis 1998 im Bundestag vertrat.

Innerhalb und außerhalb seiner Partei war er als Vertreter der Marktliberalen bekannt; ein Spottname war der Marktgraf".

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten

Als Bundeskanzler Willy Brandt 1977 Helmut Schmidt ablöste, wurde Lambsdorff in der neuen Regierung zum westdeutschen Bundeswirtschaftsminister ernannt und war von 1977 bis 1982 im Amt. Das gleiche Amt hatte er von 1982 bis 1984 in der Regierung von Bundeskanzler Helmut Kohl inne, nachdem seine Partei aus der Koalition mit der Sozialdemokratischen Partei ausgestiegen war, um eine neue Regierung mit Kohls Christlich-Demokratischer Union zu bilden.

1987 war Lambsdorff der erste westdeutsche Minister, der während seiner Amtszeit angeklagt wurde, als er wegen Korruptionsvorwürfen in der so genannten Flick-Affäre zurücktreten musste. Im Januar 1987 beantragte die Staatsanwaltschaft jedoch, Lambsdorff von allen Korruptionsvorwürfen freizusprechen, einschließlich des Vorwurfs, er habe zwischen 1977 und 1980 50.000 Dollar vom Flick-Konzern als Gegenleistung für die Gewährung lukrativer Steuererleichterungen angenommen. Am 16. Februar 1987 wurde er vom Bonner Landgericht wegen geringerer Anschuldigungen, nämlich Steuerhinterziehung bei Spenden an politische Parteien, verurteilt. Während des 18-monatigen Prozesses wurde er erneut in den Bundestag gewählt und fungierte als wirtschaftspolitischer Sprecher seiner Fraktion.

Vorsitzender der Freien Demokraten

Lambsdorff war von 1988 bis 1993 Vorsitzender der FDP.

1991, während des Golfkriegs, schloss sich Lambsdorff dem Zorn amerikanischer Beamter über die deutsche Regierung an und warf ihr vor, nur langsam zu handeln, um einige deutsche Unternehmen daran zu hindern, den Irak mit Waffen und Giftgasanlagen zu beliefern.

Nach dem Rücktritt von Hans-Dietrich Genscher benannten Lambsdorff und Bundeskanzler Helmut Kohl Irmgard Schwaetzer, eine ehemalige Mitarbeiterin Genschers, als neue Außenministerin. Überraschend lehnte jedoch die Mehrheit der FDP-Bundestagsfraktion ihre Nominierung ab und wählte stattdessen Justizminister Klaus Kinkel an die Spitze des Außenministeriums.

Das Leben nach der Politik

Nach seinem Rückzug aus der aktiven Politik blieb Lambsdorff ein Verfechter freier Märkte, engagierte sich in der Aktionärsvereinigung DSW und warnte regelmäßig vor den Gefahren wachsender Bürokratie und Steuerbelastungen. Von 1993 bis 2008 gehörte er dem Aufsichtsrat der Lufthansa an.

1999 wurde Lambsdorff von Bundeskanzler Gerhard Schröder zum Beauftragten der Bundesregierung für die Verhandlungen zur Entschädigung der Opfer der Zwangsarbeit in Deutschland während des Zweiten Weltkriegs ernannt, was zur Gründung der Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" führte.

Außerdem war er Mitglied des wissenschaftlichen Beirats des Zentrums gegen Vertreibungen und Jurymitglied des Franz-Werfel-Menschenrechtspreises.

Lambsdorff war Ehrenpräsident der Liberal International. In dieser Eigenschaft überreichte er 1992 persönlich den "Golden Pen of Freedom Award" des Weltverbandes der Zeitungen an den kenianischen Menschenrechtsaktivisten Gitobu Imanyara, der von den Behörden seines Landes mit einem Ausreiseverbot belegt worden war.

Politische Positionen

Die wirtschaftsfreundliche Freie Demokratische Partei (FDP) hatte mit der sozialdemokratischen SPD koaliert, änderte aber Anfang der 1980er Jahre ihre Ausrichtung. Lambsdorff führte die FDP dazu, 1977 die marktorientierten "Kieler Thesen" zu verabschieden; sie lehnten die keynesianische Betonung der Verbrauchernachfrage ab und schlugen vor, die Sozialausgaben zu senken und zu versuchen, Maßnahmen zur Ankurbelung der Produktion und zur Schaffung von Arbeitsplätzen einzuführen. Lambsdorff argumentierte, dass das Ergebnis ein Wirtschaftswachstum sein würde, das selbst sowohl die sozialen als auch die finanziellen Probleme lösen würde. Infolgedessen wechselte er zur CDU, und Schmidt verlor 1982 seine parlamentarische Mehrheit. Zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland stürzte die Regierung durch ein Misstrauensvotum.

Familie

Die Familie Lambsdorff stammt aus altem westfälischem Adel, siedelte aber jahrhundertelang in den baltischen Ländern und war daher eng mit dem zaristischen und kaiserlichen Russland verbunden (siehe Deutschbalten). Lambsdorffs Vater diente als zaristischer Kadett in St. Petersburg und der ehemalige russische Außenminister Wladimir Lambsdorff ist einer seiner Verwandten.

Sein Neffe Alexander Graf Lambsdorff vertrat von 2004 bis 2017 die FDP im Europäischen Parlament. Seit September 2017 ist er Mitglied des Bundestages.

Lambsdorff heiratete 1953 Renate Lepper; sie hatten zwei Töchter und einen Sohn. Von 1975 bis zu seinem Tod am 5. Dezember 2009 war er mit Alexandra von Quistorp verheiratet. Er ist auf dem Stahnsdorfer Südwestfriedhof bei Berlin beigesetzt. Er hinterlässt alle drei Kinder.